Ausländische Umsatzsteuer zurückfordern
Warum muss ich bei einer Hotelübernachtung in Deutschland als Firma auch die Mehrwertsteuer bezahlen und kann ich diese wieder zurückfordern? Kommt das Reverse-Charge-Verfahren zur Anwendung?
Unsere Buchhaltung mache ich selbst
Ich mache die Buchhaltung der Actra AG inkl. Abschlüsse für Jahresrechnung, Personal und Mehrwertsteuer selbst. Einerseits deshalb, weil es bei der Firmengrösse von zwei festangestellten Mitarbeitern noch keine grosse Hexerei ist und andererseits, weil ich es mit meinem kaufmännischen Hintergrund auch kann und gerne tue.
Seit der Neueröffnung der Drogerie Haas in Frauenfeld unterstütze ich diese als einer von vier Teilhabern in den Bereichen.
Mit modernen Tools wie zum Beispiel die All-in-One ERP-Lösung von Swiss21 lässt sich der damit verbundene Aufwand auf ein Minimum reduzieren und ich kann bei Bedarf jederzeit einem externen Treuhänder Zugriff auf unsere Daten gewähren.
Reisespesen vom CloudFest im Europa-Park
Vom 17. bis 20. März 2025 besuchte ich zum ersten Mal das CloudFest im Europa-Park. Ich durfte viele wertvolle alte und neue Kontakte pflegen und bei spannenden Vorträgen und Workshops neues dazulernen.
Bei der Abrechnung der Reisespesen stellte ich mir dann die Frage, ob bzw. wie sich die in Deutschland bezahlte Umsatzsteuer in der Schweiz als MwSt.-pflichtiges Unternehmen zurückfordern lassen.
Im Ausland bezogene Leistungen sind in der Schweiz zu versteuern
Grundsätzlich gilt, dass im Ausland bezogene Leistungen in der Schweiz zu versteuern sind. Sie müssen als Bezugssteuern deklariert und können bei der effektiven Methode bei den Vorsteuern direkt wieder abgezogen werden. Da wir MwSt.-pflichtig und damit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, ist dies somit bei den Schweizer Steuerbehörden ein Nullsummenspiel.
Effektiv bezahle ich keine zusätzliche Steuer, erfülle aber die Deklarationspflicht.
Das Reverse-Charge-Prinzip (Schweiz – Deutschland)
Dank dem Reverse-Charge-Prinzip bin ich es mir gewohnt, bei den aus Deutschland bezogenen Dienstleistungen nur den Nettopreis zu bezahlen. Dies bedeutet, dass mir der Dienstleister eine Rechnung ohne deutsche Mehrwertsteuer ausstellt und diese mit einem entsprechenden Hinweis wie zum Beispiel "Reverse-Charge" ergänzt.
Wie oben beschrieben, buche ich die MwSt. in unserer Schweizer MwSt.-Abrechnung als Bezugssteuer ein und ziehe sie sofort wieder als Vorsteuer ab.
Auf der Website der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) wird das Reverse-Charge-Prinzip bei den Informationen zur Bezugsteuer in der MWST-Info 14: Bezugssteuer im Detail behandelt.
Ausnahme: Beherbergungsleistungen
Eine sehr spezifische Situation sind Beherbergungsleistungen, wo nach dem Belegenheitsort-Prinzip der Leistungsort in der Regel dort liegt, wo sich das Grundstück befindet. Das Reverse-Charge-Verfahren findet bei einer Hotelübernachtung in einem Hotel in Deutschland für ein Schweizer Unternehmen keine Anwendung.
- Leistungsort: Die Leistung gilt als dort erbracht, wo das Hotel liegt, also in meinem konkreten Fall in Deutschland.
- Steuerschuld: Das deutsche Hotel muss die deutsche Mehrwertsteuer (VAT/USt) berechnen und an das deutsche Finanzamt abführen.
- Unsere Pflicht: Wir als Schweizer Unternehmen müssen die Rechnung inklusive der deutschen VAT bezahlen.
Wenn wir die deutsche VAT bezahlen, können wir diese nicht in unserer Schweizer MWST-Abrechnung als Vorsteuer geltend machen.
Bezahlte Vorsteuern in Deutschland zurückfordern
Dank dem Gegenseitigkeitsprinzip zwischen der Schweiz und Deutschland können wir die deutsche VAT zurückfordern, wie auch deutsche Unternehmen sich in der Schweiz MWST erstatten lassen können.
Über das Vorsteuervergütungsverfahren hätten wir das Recht auf die Rückerstattung der deutschen Umsatzsteuer (VAT-Refund) beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Deutschland. Dies ist ein separates Verfahren, das in der Regel einmal jährlich durchgeführt wird.
Dieses Verfahren setzt voraus, dass wir in Deutschland weder einen Sitz noch eine Betriebsstätte unterhalten und dort auch nicht umsatzsteuerlich registriert sind. Innert einer Frist bis zum 30. Juni 2026 könnten wir einen elektronischen Antrag einreichen, wenn wir im Jahr 2025 einen Mindestbetrag von EUR 500 erreichen.
Unter bestimmten Fällen kann es sich also lohnen, alle deutschen VAT-belasteten Rechnungen (Hotel, Miete, Messekosten, etc.) aus einem Kalenderjahr separat zu sammeln und über das Online-Portal vom Bundeszentralamt für Steuern einen Antrag zur Rückvergütung zu stellen.
Umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland
Eine umsatzsteuerliche Registrierung in Deutschland macht für uns keinen Sinn. Wenn wir Dienstleistungen an Kunden in Deutschland erbringen oder von Lieferanten aus Deutschland beziehen, können wir das Reverse-Charge-Verfahren anwenden, womit die Steuerschuld auf den Leistungsempfänger übergeht.
Wie oben beschrieben, wird bei diesem Verfahren der Nettobetrag verrechnet und von unserem Kunden in Deutschland oder von uns als Leistungsempfänger in der Schweiz im eigenen Land versteuert.
Eine Ausnahme bilden hier B2C-Leistungen an Privatpersonen in der EU, wenn wir damit die Bagatellgrenze von EUR 10'000 pro Jahr überschreiten. Mit diesem Thema werde ich mich im nächsten Beitrag vom 1. Dezember 2025 befassen.
Fazit
- Die Reise ans nächste CloudFest vom 23. bis 26. März 2026 ist bereits gebucht!
- Die deutsche VAT für die Hotelübernachtung (grundstücksbezogene Leistung) muss ich bezahlen und kann diese in der Schweiz nicht als Umsatzsteuer zurückfordern, da das Reverse-Charge-Prinzip hier keine Anwendung findet.
- Beim Online-Portal vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) in Deutschland kann ein elektronischer Antrag auf Vorsteuervergütung aus den deutschen VAT-belasteten Rechnungen gestellt werden, wenn der Mindestbetrag erreicht wird.